Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen,
zumal dem Herrn Bruder Sonne,
welcher der Tag ist und durch den du uns leuchtest.
Und schön ist er und strahlend mit großem Glanz:
Von dir, Höchster, ein Sinnbild.
(Sonnengesang des Hl. Franziskus von Assisi)
Von „Schöpfung“ zu sprechen ist für die jüdisch-christliche Überlieferung mehr als von Natur zu sprechen, denn es hat mit einem Plan der Liebe Gottes zu tun, wo jedes Geschöpf einen Wert und eine Bedeutung besitzt. Die Natur wird gewöhnlich als ein System verstanden, das man analysiert, versteht und handhabt, doch die Schöpfung kann nur als ein Geschenk begriffen werden, das aus der offenen Hand des Vaters aller Dinge hervorgeht, als eine Wirklichkeit, die durch die Liebe erleuchtet wird, die uns zu einer allumfassenden Gemeinschaft zusammenruft.
Die Schöpfung ist in der Ordnung der Liebe angesiedelt. Die Liebe Gottes ist der fundamentale Beweggrund der gesamten Schöpfung. […] Das Ziel des Laufs des Universum liegt in der Fülle Gottes, die durch den auferstandenen Christus – den Angelpunkt des universalen Reifungsprozesses – schon erreicht worden ist. […] So fügen wir ein weiteres Argument hinzu, um jede despotische und verantwortungslose Herrschaft des Menschen über die anderen Geschöpfe abzulehnen. Der letzte Zweck der anderen Geschöpfe sind nicht wir. Doch alle gehen mit uns und durch uns voran auf das gemeinsame Ziel zu, das Gott ist, in einer transzendenten Fülle, wo der auferstandene Christus alles umgreift und erleuchtet.
(Enyklika "Laudato Si" von Papst Franziskus, Nr. 76ff)
Die Sonne, ein Sinnbild Gottes. In der ersten Strophe des Sonnengesanges ordnet der Heilige Franziskus sein Weltbild: Gott steht, wie die Sonne im Mittelpunkt des Universums steht, im Zentrum seiner Schöpfung. Ohne Sonne, ohne Gott ist kein Leben, keine Schöpfung denkbar. Alle Existenz hat in diesem Zentrum ihren Ursprung.
In einer Ordnung der Liebe sind wir in dieses System eingefügt. Gott hat uns aus Liebe erschaffen und zu seinen anderen Geschöpfen in Beziehung gesetzt. Darin gründet die Geschwisterlichkeit, die Franziskus zu allen anderen Geschöpfen empfindet und die in seinem Gesang immer wieder aufklingt: In gleicher Weise vom Vater geliebt und zur Liebe untereinander eingeladen.
Gelingt mir dieser geschwisterliche Blick auf meine Mitgeschöpfe?
Fühle ich mich als etwas Besseres, empfinde ich mich minderwertiger als die Anderen?
Kann ich so auch von Tieren, Pflanzen, Gegenständen denken?